Die gestreamte Revolution und die Demo

Also das hat mich schon gewundert. Gestern auf der Demo wurde ich doch glatt aufgefordert, mir eine Einwilligung der Personen zu holen, die ich filme bzw. darauf aufmerksam gemacht, dass “die Leute nicht gefilmt werden wollen”. Ok, es war ein Einzelfall, aber er amüsierte mich. Eine angekündigte, öffentliche Großdemo mit 50.000 Teilnehmern im öffentlichen Raum für eine von der Bevölkerung großteils als positiv bewerteten Sache und ich darf nicht fotografieren und filmen. Also manche Ansichten sind wirklich sehr radikal oder vielleicht hat der liebe Kollege auch an zu vielen “nicht so friedlichen Demos” teilgenommen…

nostream

Diese Texte hängen unter anderen auch im Audimax. Natürlich akzeptiere und respektiere ich die Meinungspluralität bei dieser Bewegung (obwohl sie von einigen Kollegen nicht akzeptiert wird, wenn mal ein Gegner der Besetzungen spricht), aber die Aussage des Plakates ist schlichtweg falsch. Natürlich bin ich ein massiver Gegner von Überwachung, aber bei #unibrennt geht es um eine öffentliche und offene Bewegung, an der jeder (der sich vielleicht so nicht ins Audimax trauen würde) partizipieren soll und kann. Im gesamten deutschsprachigen Raum gibt es positive Rückmeldungen über diese offene Form des Diskurses über eine neue Bildungspolitik. Alles, was derzeit abläuft, haben wir nicht etwa einem Öffentlich Rechtlichen Rundfunk zu verdanken, der gezielt immer dann anrückt, wenn das Audimax ziemlich leer ist und danach auf der Straße Leute zu Wort kommen lässt, die für Gebühren sind, damit “nicht alles studieren kann” – sondern unseren eigenen Kanälen. Via Facebook, Skype, Studivz, Livestreams (3000 Zuseher!), Twitter, etc… haben wir uns vernetzt und koordiniert und schlussendlich eine der größten Demos Österreichs zustande gebracht – und nein, es waren niemals nur 10.000 Leute. Wers nicht glaubt, kann gerne nachzählen!

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=KJpMk6jzfew]

Was für eine Veranstaltung! Für die Menge hätten wir 40 Audimaxe’ gebraucht, um alle Teilnehmer unterzubringen. Soviel Energie lag in der Luft, ein wahrer Höhepunkt dieser Bewegung. Am Schluss musste sogar der Ring bis 2:00 Uhr gesperrt bleiben, während Ja Panik! und Luise Pop auf der Spitze der Unirampe die Menge bespielte.
Das alles haben WIR geschafft. Mithilfe nationaler und internationaler Vernetzung mittels neuer Medien.
Sonst hätten nie Medien, Schüler, Studenten, Migranten, Arbeiter, Angestellte, Junge, Alte, Behinderte und Professoren zu uns gefunden, unsere Meinung gehört und sich mit uns solidarisiert.
Was für eine schöne Zeit, in der den Mainstreammedien nicht mehr blind vertraut wird, die uns als partymachende Säufer ohne Plan und Ziel hingestellt haben. Denn wer mal einen Tag den Stream verfolgt hat, wird sehen, wie subjektiv die sogenannten unabhängigen Medien über die Besetzungen der Hörsäle berichtet haben.

Demo

Der vorläufige Höhepunkt des Protestes ist nun erreicht. Nun muss man darauf achten, dass die Netzwerke nicht müde werden und sich von der ständig abwartenden und gesprächsverweigernden Politik nicht demotivieren lassen. Zu viele Meinungen und Richtungen haben sich aufgetan, erste Diskrepanzen kristallisieren sich heraus und die Netzwerke werden durch neue nationale und internationale Besetzungen und Informationsüberschuss stark belastet – ich hoffe, allen wird das höhere Ziel der Bewegung bewusst, helfen mit und lassen sich nicht unterkriegen!
Auch nicht durch Bombendrohungen!

9 Responses to “Die gestreamte Revolution und die Demo”

  1. mark says:

    Naja, ganz so ist es ja nicht. Gerade leute, die oft auf Demos gehen, wollen oft nicht, dass sie gefilmt werden. Es läuft ja nicht alles so bunt ab wie gestern. Oft stehen Nazis (wie auch gestern cirka 15) an der Straßenseite und machen aufnahmen von politischen GegnerInnen. Ein Blick auf die Naziseite wXw.alpen-donau.info dürfte dir zeigen, wie die leute dort mit ihren politischen gegnerInnen umgehen. Also Selbstschutz geht vor- und die Person die Videoaufnahmen macht, hat meiner meinung nach das zu Respektieren, wenn wer nicht abgefilmt werden will (finde das ganze auch im Audimax nicht unproblematisch). Bei den letzten Besetzungen des Audimax hat die Polizei z.b sehr wohl versucht im nachhinein leute für die Schäden haftbar zu machen. Wobei ihnen das Videomaterial zumindest schon mal zeigt wer aller dort war – eine gute ausgangsbasis für ermittlungen. Nun gut, bei dieser Aktion ist das nun mal so (hat natürlich auch vorteile in der mobilisierung aber auch gravierende nachteile). Als Selbstschutz ist die verweigerung von videoaufnahmen schon des öfteren sinnvoll. bombendrohungen und ähnliches gibt es nämlich nicht nur auf öffentliche räume sondern auch zu hauf adressiert an politische gegnerInnen . Solltest du mal öffentlich gegen Rechts auftreten, weißt du was ich meine.
    lg,Mark

  2. mark says:

    aja, 2001 waren bei der studidemo in wien gleich viel leute oder mehr – 30.000 menschen (laut polizei!) und das ganz ohne web 2.0
    (ich will damit die studiproteste nicht schlecht machen- ich finds toll, was gerade aufgestellt wird und wies läuft-weiter so)

  3. Tom Schaffer says:

    super video. es gibt übrigens auch einen gegentext zu dem von dir fotografierten. 😉

  4. nacaseven says:

    Bei rein linken und rein rechten Demos ists klar, dass die nicht so die Fans von Kameras sind, aber bei einer Uni-Demo?! V.a. wenn man ja die Nähe zu den Medien sucht…? Wirklich nicht, oder?
    Ich glaube nicht, dass man sich Feinde macht, wenn man an sowas teilnimmt – und die Polizei ist auch nicht von gestern – waren mit Kameras an Laternenmasten, Dachkameras und Leuten in Zivil vorort – die müssen auf kein Material von Dritten zugreifen.

    2001 war ich noch nicht dabei, kann dazu nichts sagen. Ich denke aber, dass damals wohl die Aufmerksamkeit der Massenmedien höher war, was das Thema betrifft und die Demo von Parteien bzw. ÖH/AG ausgegangen ist und nicht von einer basisdemokratischen Gruppe.

  5. mark says:

    ich sag ja nicht, dass es bei jeder demo das selbe ist. ich denke auch, dass es kein problem ist, von dieser demo videos etc. zu veröffentlichen. man darf es den leuten aber trotzdem nicht übel nehmen, wenn sie z.b andere erfahrungen mit nazis gemacht haben, auf deren webseiten als “links” oder sonstwas geoutet wurden- oft noch mit adresse oder telefon nummer usw,..das braucht nicht ins lächerliche gezogen werden, denn das ist eine situation, die wirklich belasten kann und mit der man auch sensibel umgehen sollte. aber wie gesagt bei so einer demo find ichs schon o.k. – gleichzeitig find ichs aber auch wichtig, dass sich die leute auch bewusst sind, dass es risiken birgt- einen meiner meinung nach guten text dazu gibt es hier:
    http://at.indymedia.org/node/16033

  6. Tom Schaffer says:

    der test auf indymedia geht ins leere. und das imo sogar völlig.

    1. “Aktionen zu filmen / fotografieren, insbesondere illegale, ist sehr heikel,”

    illegale aktionen zu begehen ist heikel.

    2. “Die Besetzung wird von den Aktivistinnen nicht mehr als politischer Akt gesehen, der rechtliche Auswirkungen nach sich ziehen kann, sondern als Happening, wo es darum geht dabei zu sein”

    Die Besetzung kann keine rechtlichen Auswirkungen nach sich ziehen. Sie ist nicht illegal. Ruft das Rektorat die Polzei – was sie nicht tut – kann man auf Aufruf unbeschadet gehen, oder sich auf eine Verwaltungsstrafe einlasen und sich raustragen lassen. Ein Problem ist es nur für die, die sich mit der Polizei prüfeln. Und die sind widerum selbst schuld. Gerade dafür, dass die Polzei danach nichts erfinden kann, sind die vielen Kameras und der Stream ein wichtiger Garant.

    Dinge über unsere gemeinsam gewollten Aktionen hinausgehen – Vandalismus z.B. – werden auch von uns als Kollektiv nicht gewünscht und die Leute die das machen sind selbst schuld, wenn sie dabei erwischt werden.

    3. “Nicht jede technische Möglichkeit muss genutzt werden – Am Samstag den 24. Oktober 2009 wurde ein Livestream eingerichtet, um das Plenum der Besetzerinnen live im Netz zu übertragen.”

    Jede technische Möglichkeit muss genutzt werden. Massenmedial wurden wir bis zum Tag der Demo ignoriert. Die 40-50.000 haben wir selbst aufgestellt. Der Livestream ist ein Instrument um vor Ort zu sein, ohne es gerade zu können. Es ist ein Instrument der JournalistInnen um über unsere Aktionen bescheid zu wissen. Er ist ein zentraler Punkt unseres Erfolges.

  7. Maria says:

    ad Tom:
    du hast keinen Plan,sorry. DIe Kosten von ~16.000 (uni wien) euro pro Tag für die neuen Räume werden sicher versucht von der UNi auf die “illegal” besetzende abzuwälzen. wie im indymedia artikel gut steht- facultas besetztung 04 lässt grüßen. du kanst aber gern bei der ag rechtshilfe nachfragen, wie so besetzungen im nachhinein von den staatsorganen behandelt werden…
    ich finde den indy artikel gerade bei dieser besetzung, wo scheinbar alle selbstschutzfunktionen über bord geworfen werden mehr als notwendig.

  8. @nic_ko says:

    Super Video, Dominik!
    (wie immer eigentlich…)

Leave a Reply to mark