Fast abgedreht. Fast durchgedreht.

Elfter Drehtag. 17:00 Uhr. Seit Elf Stunden auf den Beinen. Die Nerven liegen blank. Die achtjährige Darstellerin hasst einen anderen Schauspieler und weigert sich, eine für den Film essentielle Szene mit ihm zu drehen. Und außerdem will sie sowieso nicht mehr konzentriert und nach Drehbuch spielen, seit sie weiß, dass alles von ihr abhängt und die Aufmerksamkeit voll auf ihr liegt.
In der Zwischenzeit sitzen 6 weitere Darsteller im Wohnzimmer und warten, umgeben von weiteren Helfern und Helfershelfern, auf ihren Auftritt. Jeder hat schon mindestens einen Termin abgesagt und es sieht nicht so aus, als würde bald etwas weitergehen.
Derweil bekommt der Drehbuchautor einen Nervenzusammenbruch. Ein Darsteller für die kurze Schlussszene ist extra aus Deutschland angereist, die andere sieht aus wie Romy Schneider und deshalb darf der Take nicht nur 10 Sekunden dauern. Ein alternatives Ende muss her.
Das ruft eine andere Kollegin aus dem Team auf den Plan, die sich wehement gegen den Dreh einen zweiten Endes ausspricht und dann wutentbrannt das Set verlässt.
Inzwischen versuche ich, ein Gruppenfoto auf die Beine zu stellen, da endlich mal so viele Personen wie nie hier sind und eigentlich schon wegmüssten, während die Kleine pikante Videos, die wir für die Story brauchten, auf meinem iPhone findet und der Hund auf den Teppich pisst.
Gleichzeitig hat die Produktionsleiterin einen Autounfall und sucht am Parkplatz Trost und die Tonleute offenbaren nach Nachfrage, dass man beim letzten Take jeden einzelnen Dialog vom Fernseher im Nebenraum mithören konnte, während die Wohnungsbesitzerin eine Flasche Wein köpft und nach Ruhe verlangt und irgendjemand unsere Requisiten zusammenisst.
Ich entschließe mich, Bier bei einem möglichst weit entfernten Stand zu kaufen.

Beim Film wird dir nicht fad.

Wir haben auch diesen Tag geschafft und haben dann noch die eine halbe Stunde die Stille genossen, bevor wir gegen 2:00 Uhr den Nachtbus heimwärts nahmen. Am nächsten Tag dann nur Szenen mit dem Kind. 10 statt der veranschlagten Stunde. Nur noch mit Tricks ist es uns gelungen, sie zu etwas zu bewegen. Auf Sachen wie Continuity wurde gesch*****, hauptsache der Film konnte funktionieren. Der Kinderwunsch: derzeit zerstört. Mit Kindern drehen? Nie wieder.
Obwohl der Dreh in der Volksschule ganz cool war.

Ein Drehtag in einer Schule im Ameisenhaufen

Gestern war der dreizehnte und somit vorletzte Drehtag. Alles essentielle ist im Kasten und wir hatten Glück, dass bei so vielen Leuten und so wenig Zeit keine gröberen Ausfälle stattgefunden haben. Liebes Team, ihr wart spitze! Seit dem ersten Treffen Ende März war jeder und jede von euch voll dabei. Wir haben uns nun 2 Monate lang fast täglich(!) gesehen und den Film zu dem gemacht, was er nun ist bzw. nach dem Schnitt sein wird in allen seinen Versionen (kurz, lang, Kindgerecht, alternatives Ende, …). In dem Kurzfilm steckt nun so viel drinnen. Alles hat seine Bedeutung, nichts ist Zufall und jeder im Team hat damit auf irgendeine Art etwas darin verarbeitet. Schade, dass wohl niemand die ganze Philosophie dahinter sehen oder verstehen wird, die ganze Liebe zum Detail.
Ich danke dem Kernteam: Maria Rauch, Dennis Iwan, Carina Niedermayer, Barbara Seidler, Katharina Tomaschitz, Christoph Wingelmayer und Danja Veit. Trotz einigen Spannungen, die ja bei einer solchen Kollaboration entstehen müssen, können wir auch heute noch (wie gestern bewiesen) stundenlang zusammensitzen.
Danke an alle Helfer, die ich hier aus Platzgründen nicht aufzählen will.
Und natürlich vielen vielen vielen herzlichen Dank an die tollen Schauspieler, die echt alles gegeben haben und so überzeugend waren. Termine abgesagt, Freunde versetzt und die Schule vernachlässigt haben nur um dieses Studentenprojekt (welches natürlich schon lange mehr als das ist) möglich zu machen. Danke Andrea Nitsche, Manuel Sefciuc, Gerald Walsberger, Alice Csango, Lilly Salcher, Eti Frecheti Salcher und Thomas Jakob Renner!
Dies alles wäre natürlich nicht bzw. nur schwer möglich gewesen ohne die wunderbare Jeanette Tanzer, die uns ihre gesamte Wohnung und Nerven zur Verfügung gestellt hat. Danke!

(vlnr) oben: Bane, Eti, Maria, Christoph, Alice, Thomas, Dennis, Manuel
unten: Barbara, Danja, Andrea, Lilly, Gerald, ich

Nun warten rund 14 Stunden FullHD Video darauf, sortiert, geschnitten, mit dem extern aufgenommenen Ton nachsynchronisiert und mit Musik unterlegt zu werden. Wir haben 2 Wochen. Und irgendwann sollte ich auch mal mit meiner BAKK-Arbeit anfangen.

Edit: Das Screening der Filme aus der Freitagsrunde findet am 22.6.2010 im Votiv-Kino Wien statt. Beginn ist 19:00. Unkostenbeitrag 5€
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One Response to “Fast abgedreht. Fast durchgedreht.”

  1. […] meinen letzten Beiträgen habe ich viel vom Einstieg in die Filmwelt erzählt. Wie es ist, ohne finanzielle Mittel und mit spärlichem Equipment Filme zu machen – und ich […]

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