Filmen ohne Budget – Yes We Can

Mein, vielleicht auch unser derzeitiger Zustand ist wohl unbeschreiblich. Irgendwo zwischen totaler Erschöpfung, höchster Motivation, tiefster Dankbarkeit, fahrlässiger Vernachlässigung von Uni und Job, Faszination und tiefsitzender Koffeinsucht.

Es sollte ja nur ein kleines Filmprojekt für die Uni werden. Einmal wollte ich nicht die ganze Arbeit von Drehbuch über Kamera bishin zu Schnitt selber machen und etwas wirklich Professionelles drehen – ist ja schließlich keine große Sache, wenn sich die richtigen Leute um die richtigen Aufgaben kümmern. Also bin ich nach unzähligen Anfragen von allen möglichen Teams dann irgendwie bei dem gelandet, dass vor Motivation nur so strotzte. Gleich 2 Filme? Why not.

Wieviele Treffen es seither gab kann ich gar nicht mehr zählen. Wir sehen uns fast täglich seit über einem Monat. Setz uns 10h an einen leeren Tisch und wir werden keine 10 Sekunden Gesprächspause haben. Wenn wir gerade mal nicht zusammensitzen, lassen wir unsere Dropbox überquellen oder posten in unser Forum, welches gerade seinen 450. Beitrag feiert. Das produzierte Videomaterial hat alleine bei mir schon die 200GB-Grenze überschritten.
Man kann also sagen, dass dieses Filmding zum Selbstläufer wurde, getragen von Idealismus, gegenseitiger Motivation und Liebe zum Detail. Die Ergebnisse sind überwältigend.

Vorige Woche haben wir unseren ersten Film abgedreht.


Ich, Dennis, Maria, Kathi, Barbara und Carina vor unserem Eigenheim

Keine Ahnung, wie wir je der Blauen Lagune in Vösendorf danken können, die uns total unbürokratisch für eine ganze Woche ein Haus als Filmset überlassen hat. Es ist echt toll, wenn man die totale Freiheit in der Gestaltung der Räume hat und die komplette Technik am Ende des Tages an Ort und Stelle stehen lassen kann.
Ein Credo unserer Lehrveranstaltung lautet “was schiefgehen kann geht auch schief” und so blieben auch wir nicht verschont. Es kam dick, dafür hatten wir die Pechsträhne auch sofort ausgesessen: die Requisitenkiste unserer Hauptdarstellerin wurde gestohlen. Alle teuren Kleider, Utensilien, Requisiten, etc… für den Film weg. Fort. Am Wochenende. 15h vor Drehbeginn.
Glücklicherweise siegte nach dem Down die Professionalität und der Schmerz des Verlustes wurde auf ein anderes Mal vertagt.
Das wir am selben Tag vom Lehrer Drehverbot bis Mitte Mai bekommen haben, ignorierten wir einfach. Auch die angebliche Aufgabe (wir haben zu wenig Zeit, um in die LV zu gehen), dass alle Filme der Lehrveranstaltung irgendwie zusammenpassen sollen, damit man daraus ein einziges Werk mit Übergängen machen kann, ließen wir links liegen – wie soll das denn gehen?

Die Technik
Meine Hauptaufgaben waren wohl außergewöhnliche Ideen für Slides und Einstellungen zu haben, diese im Stil des Heimwerker Kings’ mit allen möglichen Utensilien umzusetzen und in ein gestochen scharfes bewegtes Bild zu verwandeln. Darum muss ich nun ein paar Sätze zur Technik schreiben. Als Kamera musste natürlich die derzeit beste und leistbarste Technik am Markt herhalten – eine DSLR – meine neue Canon EOS 550D. Noch immer gibt es ja Leute, die nicht viel von einer Spiegelreflex mit Videofunktion halten – der Wandel ist aber schon lange da. Es werden bereits fast alle Werbungen, Indie-Filme und sogar große Produktionen (Dr. House, George Lucas, Robert Rodriguez, …) damit gedreht. Lt. einem unabhängigen Test von Zacuto stehen die DSLRs den professionellen Kino-Kameras um (fast) nichts nach. Und wenn man mal Takes verwerfen muss, weil die Crew beim Dreh in Augen oder Spiegeleiern zu sehen ist weiß man, dass man eine gute Kamera hat. Irre!
Sehr gute Dienste liefert auch das Thetered Shooting, also komplette Fernsteuerung der Cam über USB. Macht Shootings von der Decke, am Boden, unter Glasplatten, in Ecken, Kästen oder Kühlschränken möglich.
Für Slides musste ein Blumenwagerl vom Hofer herhalten – ausgestattet mit einem Stativkopf montiert auf Gurkenglasdeckeln. Geslided wurde dann auf Tom der Glasplatte. Musste der Slide höher stattfinden, gafferten wir ein Stativ aufs Blumenwagerl und beschwerten alles mit einem Sack Äpfel. Wenn man nicht weiß, was alles zum Einsatz gekommen ist, glaubt man, wir hätten wirklich Geld in die Produktion investiert.
Gaffa war übrigens auch der Hauptbestandteil der Schutzvorrichtung bei Stunts – hat aber trotzdem nicht vor Blauen Flecken geschützt. Danke an dieser Stelle an Kathi Tomaschitz für ihren Mut bei den Stunts bzw. ihr und natürlich auch Wolfgang Raudaschls’ überzeugendes Schauspiel.

Gaffa saves the day… again

Jedes Bild, jede Szene wurde komponiert, nichts dem Zufall überlassen. Nach jeder Einstellung wurde das Set umgebaut, die Beleuchtung umgestellt. Es war eine Mordshackn, aber ich denke, es hat sich ausgezahlt. Wir haben gezeigt, was wir (ohne finanzielle Mittel) können. Ich zeige absichtlich keine Bilder der Produktion, um die Spannung zu steigern (sie sehen besser aus, als die Fotos hier). Mitte Juni spielts das Teil einmalig im Kino, danach kommt es online. Freut euch darauf!


6 Responses to “Filmen ohne Budget – Yes We Can”

  1. nic_ko says:

    Und wo ist unter diesem Blogpost jetzt gschwind mal der Flattr Button, den ich klicken kann? :))

  2. Luca says:

    Wow. Klingt beeindruckend. Der Titel ist zwar etwas übertrieben, so eine EOS 550D hat ja auch ihren Preis, auch wenn sie jetzt nicht speziell für das Drehen gekauft wurde.

    Ich bin gespannt, was am Ende rauskommt. Neben all der Erfahrung, die man dabei bekommen hat. Und zugleich die Idee für einen Blog oder eine Beitragsserie. Low-Budget Filmen – Tipps und Tricks.

    Wird es für Nicht-Studenten möglich sein bei der einmaligen Kinoaufführung dabei zu sein?

  3. nacaseven says:

    So, Flattr integriert! Ich hoffe, es bringt etwas 😉

    @Luca
    Die Filmvorführung kann natürlich von jedermann/frau besucht werden! Ich werde es dann eh prominent auf FB, Twitter und natürlich hier publizieren! :)

    Sorry, dass die Freischaltung etwas gedauert hat – ich muss mich erst an das neue Blog gewöhnen.

  4. […] This post was mentioned on Twitter by Dominik Gubi, Fabian Greiler. Fabian Greiler said: Filmen ohne Budget – Yes We Can http://www.nacaseven.com/?p=940 by @nacaseven […]

  5. […] seit kurzen unter eigener Domain, bekommt man das alles und noch mehr mit. Ganz aktuell, wie man mit geringen Budget einen Film dreht und Einblicke in die Ergebnisse seiner Facebook Forschung. Bei Nacaseven kann ich alle […]

  6. […] meinen letzten Beiträgen habe ich viel vom Einstieg in die Filmwelt erzählt. Wie es ist, ohne finanzielle Mittel […]

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