Studium 2.0

Das neue Semester beginnt und wie immer wurde wieder alles verändert, neu gestaltet und noch mehr verbürokratisiert. Ein Einblick ins Studium an der Hauptuni Wien.

Da es ja nun keine Studiengebühren und Aufnahmetests mehr gibt, muss man die Studentenzahlen anderweitig reduzieren. Derzeit gelingt es hervorragend durch massive Demotivierung der Studenten bzw. extreme Verzögerungen der Studiumsdauer bis man sichs halt nicht mehr leisten kann bzw. auch das letzte Stipendium ausläuft.

Ich bin ja spätberufener Student, sollte also dementsprechend Gas geben und das Studium in Mindestdauer schaffen, was auch kein Problem wäre, würde man nicht mit allen Mitteln der Kunst gebremst und verzögert. Meine Hauptkritikpunkte:


Das Anmeldesystem:

Ich rätsle derzeit seit 4 Tagen (in denen ich eigentlich für die kommenden Prüfungen lernen wollte) über das neue System des Instituts. Bis voriges Semester wurden je an 3 Tagen schubweise die Anmeldungen freigeschalten und derjenige mit dem schnellsten Mausfinger und besten Nerven bei stundenlangen Serverausfällen bekam den Zuschlag. Nicht optimal, aber ich bin überall hineingekommen und konnte, falls doch mal etwas voll war, noch schnell woandershin ausweichen oder auf den nächsten Schub warten.
Nun haben wir eine Punktvergabe. Die Beschreibung von der Studienprogrammleitung lautete kurz gesagt: “Neues Anmeldesystem. Es gibt Punkte, die muss man nach Präferenz verteilen.”
Wieviele Punkte man zur Verfügung hat, welche Lehrveranstaltungen betroffen sind, ob man die Punkte auch für die Wahlfächer nehmen muss, was passiert, wenn mehrere dieselbe Punktezahl haben… kein Hauch einer Info.
Nach einem Tag herumtelefonieren war das dann in etwa klar – also ab zur Anmeldung für die Prüfungen aus dem letzten Sommersemester, die aber unauffindbar waren. Die Lösung: Prüfungen aus den letzten Semestern sind nun im Verzeichnis des kommenden Semesters.
Naja, dann mal für ein Wahlfach anmelden. Funktioniert nicht, da man dafür Studienplanpunkte angeben muss, also wofür die Vorlesung angerechnet werden soll. Leider sind diese nicht im System, man kann sich also nicht anmelden.
Fast vergessen… es gibt Studenten, die nur 1, 2 Lehrveranstaltungen an meiner Fakultät besuchen. Ich mach etwa 9. Wenn ich also jeder VO nur etwas über 100 Punkte geben kann, werd ich wohl gar nirgends reinkommen. Es ist also sinnloses Warten und Taktieren angesagt. Sehr sinnvoll vor allem, wenn man vom Stipendium abhängig ist und dank Altersdiskriminierung ohnehin für Öffis etc. jedes Semester fünfmal mehr als der “Normalstudent” zahlen muss.

Das Modulsystem:
Aufnahmeprüfungen darf man keine mehr machen, also muss man die Studenten anders aussortieren. Wie wärs mit einem Modulsystem, bei dem man im ersten Semester 3 LVs besuchen und positiv absolvieren muss, damit man im zweiten Semester die nächsten 3 machen darf und positiv sein muss…? Erst DANN darf man andere Fächer belegen. Wenn eine Prüfung fehlt muss man halt ein Jahr warten. Klingt wie sadistische Utopie? Nein, so ists wirklich.

Die Lernplattform Fronter:
Als ich zu studieren begonnen habe, gabs Blackboard Vista und Moodle. Sie hatten zwar nicht viele Sympathien, waren aber dennoch brauchbar. Gute Foren zum Mitschriften tauschen, Streams und Materialien übersichtlich angeordnet.
Dann kam Fronter.
Schon beim Einstieg muss man mal eine Minute warten, bis man etliche Zertifikate bestätigt hat, danach muss man seine Nation wählen, wo es so ca. alles außer Österreich gibt. Oft wird im Zuge der Anmeldung der ganze Firefox ins Nirwana gerissen. Im Unterverzeichnis der LV angekommen gibt es (manchmal) ein einziges Forum für alle Angelegenheiten, in dem man keinerlei Anhänge uploaden kann.
Will man seine Mitschriften teilen, muss man sie in einen Container laden, in dem auch alle Vorlesungsunterlagen, Streams, Lektüren des LV-Leiters kreuz und quer drinnen sind. Will man sich etwas runterladen, muss man sich durch ein Windows 3.11 Interface kämpfen. Seit der Einführung wagt sich fast kein Student mehr in das System, das interne Forum ist praktisch tot und die Materialien werden in diversen Foren, in Facebook oder via Email getauscht.

So… Frust von der Seele geschrieben. Ich geh mich nun weiter mit dem Anmeldesystem ärgern.

Ps.: I am not alone

2 Responses to “Studium 2.0”

  1. […] Wahlfächer werden stark eingeschränkt (Erweiterungscurricula statt WAHLfächer), vereinheitlichte Anmeldung mit Punktesystem, Einschränkung der zulässigen Studierendenzahlen in Lehrveranstaltungen (zB. 250 statt 1000, 220 […]

  2. […] Universitäten hatten endlich genug von den Einschränkungen, schwachsinnigen Anmeldesystemen, Voraussetzungsketten, stetig wachsendem Einfluss der Politik und vielen weiteren Punkten. Die Generation Praktikum, die […]

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