Management neuer Medien

Hausübung für die Lehrveranstaltung “Management neuer Medien”:
Nennen und beschreiben Sie auf 2-3 A4-Seiten drei neue digitale Plattformen oder Angebote. Erläutern Sie weiters, welchen Wissensgewinn Sie sich von dieser Lehrveranstaltung erwarten.

Welchen Wissensgewinn ich mir erwarte kann ich noch nicht eindeutig formulieren, da aus der ersten Einheit noch nicht hervorgegangen ist, in welche Richtung diese Vorlesung geht. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Thematik um das Medienmanagement aus Produzentensicht handeln wird.
Um die Frage aus dieser Perspektive zu beantworten, ist es nötig etwas auszuholen. Man muss sich zuerst die heutige Gesellschaft mit all ihren laufenden Veränderungen vor Augen führen, um zu sehen, vor welche Herausforderungen man heutzutage als Kommunikator gestellt wird.

Noch nie zuvor hat sich unsere Umwelt und Gesellschaft so schnell verändert wie heute, Katalysator dieser Entwicklung war wohl die Geburt des Computers. Seitdem verdoppeln sich etwa alle 2 Jahre die technische Spezifikationen (wie Prozessorleistung, Pixeldichte, Speicher, Datenübertragungsgeschwindigkeit …) und neue Möglichkeiten für Innovationen und Weiterentwicklungen entstehen. Das Internet hat dann die Informationsrevolution gebracht und plötzlich war nahezu jede Information jedem Internetuser frei zugänglich. “The Medium is the Message” meinte McLuhan und hatte, umgemünzt auf das World Wide Web damit Recht, sieht man sich die rasante weltweite Veränderung der Gesellschaft und des menschlichen Alltags an.
Nun sind mit der neuesten Handygeneration die Endgeräte mobil geworden – es ist nicht mehr nötig, von einem fixen Ort aus ins Internet “einzusteigen”, man hat das ganze Wissen dieser Welt, Neuigkeiten, Freunde, Videos, Musik, die Karte des Planeten und vieles mehr auf einem kleinen Gerät in der Tasche, ständig in Synchronisation mit der Cloud, immer unabhängiger unseres Zutuns arbeitend. Die Grenzen zum physischen und zum virtuellen Selbst verschwimmen immer mehr, es entstehen neue Identitäten. Wir halten uns in einem hybriden Raum auf und können während eines Restaurantbesuches mit Freunden mit weiteren sozialen Gruppen in Kontakt stehen oder mit einer App den soeben konsumierten Kaffee bezahlen.
Diese Entwicklungen scheinen vor allem für ältere Semester, Digital Immigrants bzw. durch den Digital Divide freiwillig oder unfreiwillig ausgeschlossene, ungewohnt und erschreckend zu sein, doch alle Jugendliche in “unserer” westlichen Welt wachsen derzeit als Digital Natives heran, die nicht sich problemlos an die rasante Entwicklung anpassen können bzw. die Nutzungskompetenz von klein auf lernen.
Diese junge Generation ist flexibel, aufnahmefähig und schert sich wenig um traditionelle Alltagszyklen oder Zeiteinteilungen, da das Web niemals schläft bzw. in der Nacht (durch die Zeitverschiebung in Amerika) erst richtig aufwacht. Gearbeitet wird dort, wo man sich am wohlsten fühlt zu der Zeit, zu der man am leistungsfähigsten ist. Das zeitregulierte Leben verschwindet langsam, die Gesellschaft selbst wird eine virtuelle.

too much information

Durch die allgegenwärtige Information muss das Individuum mehr filtern als früher, schneller aufnehmen und reagieren, was aktuelle Information unglaublich kurzlebig macht. Zeitungen können den Aktualitätshunger der Menschen gar nicht mehr stillen und müssen sich Mehrwerte und/oder einträgliche Onlinemodelle überlegen, was durch die Gratiskultur im Web gar nicht so einfach ist. Außerdem hat das Internet durch die fehlenden Gatekeeper die Menschen angeregt, sich breiter zu Informieren, zu spezialisieren, zu individualisieren – ein Medium kann unmöglich alle Interessen abdecken. Durch neue Informationsdienste bekommen zudem User und Journalisten die Neuigkeiten gleichzeitig, auch ist derzeit ein Trend zur Verfolgung von LiveTickern oder Livestreams zu erkennen. Ein weiteres wichtiges Instrument ist ein Rückkanal für Meinungen, sowie eine Möglichkeit der Publikation zusätzlicher Informationen oder Ansichten zum Beispiel über Weblogs.
Die Möglichkeiten dazu sind heutzutage so vielfältig und enorm, dass man unmöglich eine Übersicht darüber haben kann, deshalb hier exemplarisch eine kleine Aufzählung der meiner Meinung nach derzeit größten, wichtigsten und dennoch grundverschiedenen Dienste, die für die Nachrichtenverteilung relevant sind:

Twitter
Innerhalb von fünf Jahren hat sich der Microblogging Dienst vom privaten Statusupdateservice (what are you doing?) mehrheitlich zum Nachrichten-Livestream (what’s happening?) gewandelt. Jeder User, egal ob berühmter Star, Politiker, Konzern oder Privatperson ist gleichberechtigt unterwegs und hat 140 Zeichen pro Tweet, die er der Welt mitteilen kann. Jeder kann jeden followen bzw. selbst gefollowed werden – man kann sich so seinen individuellen Nachrichtenstream zusammenstellen, direktes Feedback geben.
Immer öfter kommt es auch zur Kommunikation von diversen Gruppen nach außen bzw. untereinander, z.B. bei Protesten, Katastrophen oder ähnlichen Ereignissen, bei denen GSM-Netze nicht reichweitenstark oder reliabel genug sind, Massen Echtzeit-Kommunikation erforderlich ist oder die traditionellen Medien aus irgend einem Grund nicht berichten können oder wollen. Als User kann man so in der Regel unverfälscht und live an aktuellen Ereignissen teilhaben. Twitter funktioniert, was auch eindrucksvoll Zitate aus dem Blogbeitrag zum fünfjährigen Jubiläum zeigen:

# 3 years, 2 months and 1 day. The time it took from the first Tweet to the billionth Tweet.
# 1 week. The time it now takes for users to send a billion Tweets.
# 460,000. Average number of new accounts per day over the last month.

Auf Twitter folgt man hauptsächlich Personen und Institutionen, von denen man erwartet, dass sie Informationen twittern, die in den eigenen Interessensbereich fallen. Weiters kann man auch Ereignisse selbst verfolgen (über thematische Hashtags), um in Echtzeit darüber informiert zu sein.

RSS
Eine Technologie, die oft unterschätzt und noch öfter totgesagt wird, auf derer jedoch theoretisch viele Web 2.0 – Dienste aufbauen. Einfach ausgedrückt wird ein sogenannter RSS-Feed immer dann upgedated, wenn eine Veränderung eines Webcontents erfolgt, also zum Beispiel ein neuer Blogbeitrag gepostet wird, ein Video hochgeladen oder ein Foto veröffentlicht. Diese Feeds lassen sich problemlos in Websites, Social Networks, Microblogs und vielem mehr einbauen bzw. mit einem Feedreader auslesen, empfehlen oder weitersenden.
Anders als z.B. bei Microbloggingdiensten oder Social Networks folgt man hier hauptsächlich Websiten bzw. deren Content als gesamtes – es ist jedoch auch möglich, Seiten von anderen Personen gepusht zu bekommen.

Social Networks
Als DAS Mainstream-Medium sei hier Facebook genannt. Mit 600 Millionen Usern (2,4 Millionen in Österrech) ist diese Plattform natürlich heiß umkämpft im Werbemarkt und vielleicht die relevanteste, wenn es um die Verteilung von Information und Nachrichten geht. Über einen den Klick auf einen kleinen Like-Button kann ein Beitrag theoretisch an je durchschnittlich 130 Freunde weiterverteilt werden. Viele Webseiten und Blogs verfügen nun unter jedem Beitrag über diesen Button und bekommen so ihre Links in den Walled Garden der Userprofile – und bleiben dann oft auch da. Diskussionen über Inhalte werden dann nicht rückverfolgbar auf unzugänglichen Pinnwänden geführt und verschwinden dann im digitalen Nirvana, ob der Beitrag hohe Wellen geschlagen hat und unzählige Male weiterverlinkt wurde, erfährt man dann nicht immer und genauso wenig tut dies Google – der Beitrag kann durch fehlende Verlinkung nicht nach Relevanz beurteilt werden.

Weitere Unterschiede und Auswirkungen auf Old Media
Wie schon erwähnt sind die Technologien in der Handhabung sehr unterschiedlich. Bei RSS und Twitter muss man sich zuerst den gewünschten Content zusammenstellen (pullen), damit man dann einen individuellen Stream zusammenbekommt – bei Twitter über Personen, bei RSS über Seiten. Bei Facebook kann man zwar auch Seiten folgen, jedoch zählt hier eher die Lesempfehlung von Freunden.
Die Rezeption erfolgt hier immer gezielt, Beiträge werden in einem RSS-Reader gelesen oder direkt angesteuert, dann wechselt man schon zu einer komplett anderen Website. Die Zugriffszahlen und -zeiten sinken, die Werbung wird seltener angeklickt oder gleich grundsätzlich geblockt.
Schafft es eine Nachrichtenseite dennoch, User zu halten, reichen die Werbeeinnahmen oft trotzdem nicht aus, um guten und eigenständigen Journalismus zu gewährleisten.
Auch die Auswirkungen auf alte Medien sind bekannt. Durch die rasche Echtzeitrezeption über Livestreams oder Onlineausgaben sind Tageszeitungen plötzlich nicht mehr aktuell, Fernsehnachrichten können in 10 Minuten auch nur kurz das Weltgeschehen anreißen und zeigen Einspielungen, die man bereits kennt.
Man muss sich also als klassisches Medium neu positionieren, sich entweder spezialisieren oder in das sich ständig wandelnden Social Web eintauchen und versuchen, sich neben Blogs, Livestreams, Apps, Archiven, Mediatheken, Livetickern, Twitterern und anderen Konkurrenten erfolgreich zu behaupten, ohne Qualität einzubüßen oder zur “Horizontverkürzung” aufgrund von Spezialisierung auf “Schlagzeilennews” beizutragen und das in einer Welt, in der immer etwas los ist und immer jemand online ist, in der User in einer Gratiskultur aufwachsen und ihre eigenen Gatekeeper sind.
Hier kommen wir zurück zur Frage des zu erwartenden Wissensgewinns aus der LV “Management Neuer Medien”, nämlich wie digitale, traditionelle und auch öffentlich-rechtliche Medien versuchen, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten und Formate entwickeln, die den neuen und vielfältigen Ansprüchen der Rezipienten gerecht werden können.

2 Responses to “Management neuer Medien”

  1. hanna says:

    ahoi,

    sag wie kommst du auf die 350?

    “Über einen den Klick auf einen kleinen Like-Button kann ein Beitrag theoretisch an je durchschnittlich 350 Freunde weiterverteilt werden.”

    seit den fb stats von 2010 ist immer von 130 die rede, noch keine neuen zahlen diesbzgl. gesehen.

    lg
    hanna

  2. nacaseven says:

    Siehst, das war die Zahl, die ich vor der Veröffentlichung nochmal nachprüfen wollte! *g*
    Habs geändert, danke. Die 350 waren glaub ich die durchschnittlichen Freunde in den USA… vor einem Jahr, als ich die FB-Forschung gemacht hab.

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